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Sie sind hier: www.busch-schneider.de > Aktuelle Themen > BGH vom 23.11.2016 - XII ZB 149/16 – Strenge Auflagen gegenüber dem Sorgeberechtigten.
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Strenge Auflagen gegenüber dem Sorgeberechtigten sind zulässig, wenn dies unter Berücksichtigung der Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintrittes und unter Berücksichtigung der Schwere des drohenden Schadens auf Seiten des betroffenen Kindes, dringend erforderlich erscheint.


In vorbenannter Entscheidung hat der BGH die Auflagenerteilung seitens des Oberlandesgerichts gegenüber der sorgeberechtigten Mutter dergestalt gebilligt, dass dieser aufgegeben wurde, die Tochter zu keinem Zeitpunkt mit dem im Jahr 2004 wegen sexuellen Missbrauchs eines Kindes rechtskräftig verurteilten neuen Lebensgefährten, in dessen Wohnung allein zu lassen. Darüber hinaus wurde ihr untersagt in der Zeit zwischen 22:00 Uhr und 8:00 Uhr den Aufenthalt des Kindes in derselben Wohnung wie der Lebensgefährte zuzulassen. Gegen den Lebensgefährten hat das OLG entsprechende Verbote ausgesprochen. Ferner hatte das OLG aufgegeben, jederzeit unangekündigte Besuche des Jugendamtes oder vom Jugendamt hiermit beauftragter Personen zu gestatten.

Die betroffene Kindesmutter wandte sich gegen Auflagen soweit sie nicht die Fortsetzung der Familienhilfe betrafen und beanstandete einen nicht gerechtfertigten Eingriff in ihr Elternrecht aus Art. 6 Grundgesetz.

Die Rechtsbeschwerde der Kindesmutter blieb in der Sache jedoch ohne Erfolg. Die angegriffene Entscheidung und Auflagenerteilung seitens des Oberlandesgerichts hielt der rechtlichen Überprüfung stand. Das Oberlandesgericht hat laut BGH die Weisungen zu Recht erteilt.

Die Weisungen in der vorliegenden Entscheidung stellen Eingriffe in das Sorgerecht der Mutter dar.

Solche Eingriffe sind gerechtfertigt, wenn eine gegenwärtige oder zumindest unmittelbar bevorstehende Gefährdung des Kindeswohls droht.

An den Grad der Wahrscheinlichkeit der Gefährdung des Kindeswohles sind umso geringere Anforderungen zu stellen, je größer und gewichtiger der drohende Schaden für das Kind sei.

Vorliegend bestand die Gefahr, dass der Lebensgefährte die Tochter der Beschwerdeführerin in ähnlicher Weise, wie in den seinen Verurteilungen zugrundeliegenden Fällen, sexuell missbrauche. Hinsichtlich der Überprüfung und Bestimmung des Grads der Wahrscheinlichkeit, hat das Oberlandesgericht einen Sachverständigen hinzugezogen. Dieser Sachverständige bezifferte die Gefahr eines Rückfalls mit einer Wahrscheinlichkeit von ca. 30%.

Angesichts der Schwere des dem Kind schon bei einem erstmaligen Missbrauch drohenden Schadens, sei bei einer Gefahr in dieser Größenordnung Maßnahmen zum Schutz des Kindes auch erforderlich.

Die vorliegende Entscheidung ist insofern bemerkenswert, als der BGH konkrete bestimmbare Auflagen und Weisungen seitens des OLG billigt, die sich nicht darauf beschränken, beispielsweise das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Krankheitsfürsorge und das Antragsrecht im Sinne der Jugendhilfemaßnahmen zu entziehen sondern entsprechend dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz einen Versuch darstellen, im Wege eines geringstöglichen Eingriffs, jedoch verbunden mit dem größtmöglichen Schutz des Kindes, eine Regelung zu finden, die verfassungsrechtlichen Grundsätzen genügt.

Hierfür gebührt dem BGH aus formaljuristischen und verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten höchster Respekt.

Ein ungutes Gefühl mag bei der Vorstellung verbleiben, dass der Lebensgefährte der Kindesmutter weiterhin - wenn auch nicht alleine - Kontakt mit dem betroffenen Kind haben darf. Auch wenn dieses Gefühl schwer auszuhalten sein mag, gebieten es die freiheitlich demokratischen Grundsätze unserer Rechtsordnung, dass solche Entscheidungen mit Augenmaß getroffen werden, auch wenn sie –systemimmanent- die latente Gefahr eines (weiteren) Übergriffs in sich bergen.

Bei Fragen rund um die Gefährdung des Kindeswohles im Zusammenhang mit Sorgeberechtigten und Dritten, wenden Sie sich vertrauensvoll an einen Fachanwalt für Familienrecht.

Besprechungen auch per Telefon und Video-Chat.

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