(nach RiOLG Rake in FamRZ 2018, 1717)
Die Nutzung neuer Medien durch unsere Kinder und Jugendlichen - sei es über PC oder Smartphone - birgt gewisse Gefahren.
Hier haben Eltern die Kinder im Sinne ihres Förderungs- und Erziehungsauftrags besonders zu begleiten.
§ 1626 Abs. 1 BGB normiert es so:
(1)
Die Eltern haben die Pflicht und das Recht, für das minderjährige Kind zu sorgen (elterliche Sorge). Die elterliche Sorge umfasst die Sorge für die Person des Kindes (Personensorge) und das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge).
Zuvorderst sind Kinder und Jugendliche daher mit einem Grundstock an Medienkompetenz auszustatten, der es ihnen erlaubt, selbstbestimmt und verantwortlich mit den Inhalten, die auf sie einströmen, umzugehen. Dies gilt auch bezüglich Kontaktangebote, von dritter Seite.
§ 1626 Abs. 2 S. 1 BGB formuliert die Verschaffung von Kompetenzen so:
(2)
Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln. Sie besprechen mit dem Kind, soweit es nach dessen Entwicklungsstand angezeigt ist, Fragen der elterlichen Sorge und streben Einvernehmen an.
Das kann auch mal bedeuten, die Kinder darin zu stärken, einmal „abzuschalten"-.
Den Älteren unter uns fällt da zwangsläufig ein älterer lustiger Mann mit Nickelbrille und Vornamen „ Peter" ein.
Was sich aber unter Berücksichtigung des Aufsichtsrechts über das Kind aus grundrechtlich geschützter Sicht verbietet, ist die anlasslose und umfassende Kontrolle und Überwachung der Kommunikationswege des Kindes -insbesondere bei voranschreitendem Alter-.
D.h. ein Mitlesen oder nachträgliches Lesen der WhatsApp-Kommunikation, das Studium des YouTube-Verlaufs oder der Facebook-Kommunikation ist ein absolutes „NO GO" .
Die Korrespondenz über Email, Chat-Mitteilung und Messenger-Diensten, wie WhatsApp, ist regelmäßig auf einen Austausch zwischen zwei bzw. einem bestimmten Kreis an Kommunikationspartnern beschränkt und damit nicht-öffentlich und somit vertraulich zu behandeln.
Diese Kommunikation unterliegt der grundrechtlich geschützten Privatsphäre des Kindes und macht sie daher auch im Grundsatz nicht weniger schützenswert, nur weil diese Kommunikation durch -und mit- unserem Kind geführt werden mag.
Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass die Kontrollrechte der Eltern dabei nicht durch die Persönlichkeitsrechte des Kommunikationspartners -also in der Regel des anderen Kindes, der Freundin oder des anderen Elternteils o.ä.- eingeschränkt werden. Auch wenn die Nutzung eines elektronischen Mediums durchaus mit der Erwartung verbunden sein mag, das zwischen den Teilnehmern ausgetauschte Nachrichten und Inhalte grundsätzlich vertraulich blieben, so hat der Nutzer gegenüber dem Netzwerkbetreiber doch lediglich den Anspruch auf die Übermittlung bzw. die Bereitstellung der Nachrichten und Inhalte für das auf der anderen Seite liegende Nutzerkonto. Der Anspruch erstreckt sich aber gerade nicht auf die Übermittlung oder Bereitstellung an eine bestimmte Person. Es ist also nur gewährleistet, dass die Nachricht übermittelt und auf dem angegebenen Endgerät abgerufen werden kann. Wer diese Nachricht letztlich abruft, unterliegt nicht dem Verantwortungsbereich des Netzwerkbetreibers. Damit muss auch dem Absender klar sein, dass mit dem Absenden die Befugnis über die Nachricht endet. Dies umfasst dann auch die Entscheidung, wem der Inhalt bekannt gemacht wird. Das kann dann auch -vom absendenden Kind ungewollt- der Elternteil -oder die Eltern- des anderen Kindes sein, sei es als Erste, beim Ankommen der Nachricht/des Inhalts, oder beim „ Nachlesen" am späteren Abend, wenn das Kind schon zu Bett gegangen ist und in fahrlässiger Weise oder gar -im schlimmsten Fall- unter Zwang sein Passwort den „ ermittelnden Eltern" weitergegeben hat.
Voraussichtlich werden jetzt sorgende Eltern echauffiert erwidern, dass sie das Kind nur vor Selbst- oder Fremdgefährdung durch verstörende Inhalte, Mobbing oder pädophilen Angriffen schützen wollen. Wie dies denn sonst geschehen soll und ob die Kindeswohlgefährdung sonst alternativlos sei.
All diesen besorgten Eltern(-teilen) sei gesagt, dass sie eher auf konkrete Anhaltspunkte bei ihren Kindern achten mögen. Auf Verhaltensauffälligkeiten in Form von sozialem Rückzug, Niedergeschlagenheit, Appetitlosigkeit und Schlafstörung oder psychische Labilität.
Dass Eltern auf all diese Umstände wegen der Beschränkung des Kontrollrechts möglicherweise erst zu einem Zeitpunkt aufmerksam werden, da bereits seine Schädigung eingetreten ist, mag in der Tat Anlass zur Sorge geben, rechtfertigt aber nicht die Zubilligung einer voraussetzungslosen und anlasslosen Kontrolle der digitalen Aktivitäten ihrer Kinder.
Es gilt auch hier der Satz:
„Was du nicht willst, dass man dir tu', das füg auch keinem andern zu."